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Was hat dich dazu inspiriert, in der Krebsforschung zu arbeiten?
Ich wollte mit meiner Arbeit und meinem Wissen Gutes tun. Meine Arbeit hat in der Krebsforschung eine Bedeutung. Das motiviert mich und treibt mich an. Fast jeder Mensch kennt jemanden, der an Krebs erkrankt ist und wir können uns gar nicht vorstellen, wie sehr die Betroffenen leiden. Krebs ist eine beschissene Diagnose, aber in der Forschung passiert gerade so viel. Ich bin zuversichtlich, dass wir Krebs in Zukunft in den Griff bekommen werden und vielleicht sogar besiegen können.
Wie beeinflusst dein Leben in Dänemark deine Perspektive auf Arbeit?
Work-Life-Balance hat in Dänemark einen ganz anderen Stellenwert als in Deutschland. Familie steht an erster Stelle und das wissen die Arbeitgeber. 37 Stunden arbeiten wir pro Woche, die Mittagspause ist Arbeitszeit. Die Bedingungen sind menschlich. Und ich finde, dass das in ganz Europe der Standard sein sollte. Arbeit sollte erfüllend sein und die Bezahlung nur zweitrangig.
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Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in deinem beruflichen und privaten Leben?
Schwieriges Thema. Man sollte meinen, dass ich als Wissenschaftlerin extrem nachhaltig arbeite. Aber die traurige Wahrheit ist, dass der Großteil der Laborarbeit so überhaupt gar nicht nachhaltig ist. Wir verbrauchen durch Kühlgeräte ähnlich viel Strom wie ein Einfamilienhaus (pro Gerät und Jahr), nutzen mehr Plastik als Glas oder Papier, mehr Doppelverpackungen als wahrscheinlich nötig und wir nutzen viele Produkte nur einmal bevor wir sie in den Müll werfen. Aber wenigstens trennen wir hier in Kopenhagen zehn verschiedene Müllsorten und ich fahre mit der S-Bahn zur Arbeit. Mein Privatleben gestalte ich so gut wie möglich nachhaltig. Was ich damit meine? Ein Beispiel: Beim Einkaufen von Paprika verzichte ich wenn möglich auf die extra in Plastik verpackte Sorte und kaufe die lose Paprika. Aber ich möchte auch nicht ganz auf Paprika verzichten, nur weil das Gemüse nicht regional angebaut wird.
Welche digitalen Tools verwendest du in deinem Berufsalltag?
Viele, sehr viele. Ich nutze diverse Datenbanken, die mir den Zugriff auf anonymisierte Patientendaten gewähren und Informationen über verschiedene Moleküle liefern. Drei Beipiele: https://portal.gdc.cancer.gov/ , https://string-db.org/ , https://alphafold.ebi.ac.uk/ . Zum Analysieren der Daten, muss ich programmieren, entsprechende Umgebungen sind daher essentiell. Ich generiere aber auch Mikroskopdaten und bin zum Analysieren dieser bisher am glücklichsten mit Cell Profiler gewesen. gerade entdecke ich aber auch die Arivis Software von Zeiss, die nutzerfreundlicher ist aber auch viel weniger Optionen bietet. Zudem verwende ich Microsoft Office Programme, die Adobe Creative Cloud, Biorender, Graphpad Prism und LabHacks am Smartphone.
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Was sind die größten Unterschiede zwischen Dänemark und Deutschland?
In Dänemark herrscht eine eher informelle und gleichberechtigte Kultur, in der Hierarchien weniger stark ausgeprägt sind. Die Menschen sprechen sich mit Vornamen an, auch in beruflichen Kontexten. In Deutschland ist die Kultur tendenziell formeller, besonders im Geschäftsbereich, wo Titel und Nachnamen häufig verwendet werden. Work-Life-Balance wird in Dänemark groß geschrieben. Die Steuerlast ist in Dänemark sehr hoch. Ein Auto wird bei Kauf beispielsweise mit 200% seines Anschaffungswerts besteuert, wenn es kein E-Auto ist. Das wäre in Deutschland nicht denkbar. Dänen sind generell sehr gelassen, der Lebensstil „Hygge“ fällt insbesondere in der kalten Jahreszeit auf und steckt an.
Wie bleibt deine Arbeit relevant in einem schnelllebigen Fachgebiet?
Durch kontinuierliches Lernen und Anpassen der Forschungsfragen. Man muss einfach am Ball bleiben und darf das übergeordnete Ziel nicht aus den Augen verlieren. Dabei spielt wissenschaftlicher Austausch (z.B. auf Konferenzen) eine große Rolle. Auch die Bewegung #OpenScience, die einen freien Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen und damit zu Forschungsergebnissen fordert, ist wichtig, damit ich überhaupt eine Chance habe, mich mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen in meinem Fachgebiet zu befassen. Leider ist das zurzeit nicht der Fall, was die Arbeit von Wissenschaftlern auf der ganzen Welt unnötig erschwert.
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Was ist dein Lieblingsessen in Dänemark?
Ich bin nicht der größte Fan von klassischer dänischer Küche. Lakritz mag ich auch nicht. Aber die Dänen können sehr leckere Kuchen und Torten zubereiten. Lagkagehuset ist eine beliebte Bäckereikette in Dänemark, die für ihre hochwertigen Backwaren bekannt ist. Darunter sind auch köstliche Minitorten (für deutsche Verhältnisse). Meine liebsten Sorten sind die Schokoladen-Mousse-Torte und die Erdbeer-Mousse-Torte.
Welche Outdoor-Aktivität genießt du am meisten in Dänemark?
Ich bin sehr gerne in der Natur unterwegs, meistens zum Wandern. Da liebe ich Pfade auch mal abseits der Wege. Mit der Kamera ausgerüstet von einem Ort einfach loslaufen und erkunden, finde ich super. Außerdem fahre ich gerne Fahrrad und seit kurzem paddle ich auch auf meinem SUP und genieße die Gewässer hier in Dänemark aus einer anderen Perspektive.
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Was ist dein Lieblingsort in Dänemark?
Da beschränke ich mich auf gut erreichbare Orte in meiner näheren Umgebung, denn Dänemark hat viele schöne Ecken, an die meisten kommt man aber nicht wöchentlich bis täglich. Ich finde den Dyrehavn in Klampenborg absolut faszinierend. Das ist ein geschützer Wald mit sehr viel altem Laubbaumbestand, verschiedener flacher Vegetation und man sieht große Gruppen Rotwild frei umherlaufen, darunter sind auch Albinos. Hier in meiner Wohngegend ist das auf jeden Fall mein Happy Place. Trotzdem verbinde ich Spaziergänge gerne mit dem Strand der direkt dort vorgelagert an der Küste ist, denn das Wasser fast direkt vor der Haustür zu haben, ist natürlich auch wunderbar.
Was ist deine wichtigste Lektion vom Auswandern?
Gute Vorbereitung ist das Wichtigste. Man sollte so eine Entscheidung nur treffen, wenn man 120% davon überzeugt ist, dass es das wert ist. Schließlich ist Deutschland selbst ja schon eines der besten Länder zum leben. Das vergessen viele, die sich immer nur über die deutsche Bürokratie oder fehlende Digitalisierung beschweren. Ich finde auch, dass man völlig unterschätzt, wie schwer es wirklich ist Kontakt zur Familie und Freunden zu halten, wenn das über einen langen Zeitraum nur übers Internet möglich ist. Man muss schwer priorisieren. Es ist schon etwas anderes 10 Leute im Verein wöchentlich zu sehen oder die ganze Familie bei jeder Familienfeier zu treffen, als nur mit der handvoll Menschen aus der Heimat zu sprechen, die auch dazu bereit ist alle zwei Wochen einen Videoanruf zu starten.
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